27.05.2018 / 13:41 Uhr / Mein Tweet auf Twitter: “ich überlege gerade... meine gesamte Fotoausrüstung zu verkaufen“
Im Anschluss an meinen abgesetzten Tweet entstand eine sehr gute und aufwühlende Diskussion direkt auf Twitter und auch über mein virtuelles Postfach. Dafür bin ich im Nachgang sehr dankbar - auch wenn ich selbst diese Diskussion nicht so sehr mit meinen eigenen Worten gefüllt habe, wurden mir gute und schlüssige Argumente für eine kleine Pause entgegengebracht, ohne gleich mein ganzes Fotozeugs in harte Euronen umsetzen zu müssen, oder in einer Nacht- und Nebelaktion mein Konto für ein neues Kamerasystem zu ruinieren. Mir geht es schon länger nicht mehr nur um das eigentlich fertige Bild, ich suche für mich dieses „Mehr“ und dieses gewisse Etwas in meinen Bildern und mit meinen Bildern. Was dies letztendlich gerade ist, kann ich gar nicht so wirklich sagen... Ich hatte dieses „Mehr“Gefühl mal für mich gefunden, konnte es jedoch nicht wirklich konservieren. Leider. Mein eigener innerer Anspruch (Info: Jeder Mensch definiert seinen Anspruch selbst und setzt diesen nicht zwangsläufig in Konkurrenz mit anderen, vielmehr in Konkurrenz mit sich selbst) an mich und meine Fotografie ist zu groß, um daraus in irgendeiner Art und Weise für mich gerade eine Seelen-Befriedung zu finden. Mir ist in der Fotografie dieses Glücksgefühl abhanden gekommen, welches ich auch in ganz tiefen schwarzen Phasen immer noch irgendwie hatte, welches mich innerlich immer noch etwas Licht sehen ließ...
Sich in und mit seinem Hobby nicht mehr zu genügen wirft viele Fragen auf, und es ist nicht von der Hand zu weisen, dass hier auch meine Seelenkrankheit eine große „unterstützende“ Rolle spielt, da mein innerer Kritiker stets aktiv gegen mich am Arbeiten ist und versucht mich permanent klein zu halten - und dies ist auch nicht nur bei meiner großen LEIDENschaft so der Fall. Leider... Wenn ich mir jedoch die ganzen FotoTexte der letzten Monate so für mich durchlese, welche ich ab und an geschrieben habe, dann kann ich mich in jeder einzelnen Zeile wiederfinden, sehe ich mich in jedem einzelnen Foto wieder, jedoch bleibt eine Frage für mich unbeantwortet stehen: Was bringt mir diese Fotografie noch?
Ich versuche mich mal an einer kleinen Bestandsaufnahme meiner fotografischen Sujets, zu welchen ich vorwiegend einen starken Bezug aufgebaut habe - vielleicht bekomme ich so wieder einen besseren Draht zu meinen Fotos... Die fotografischen Sujets könnte ich auch eins zu eins mit einigen Bereichen meines täglichen Lebens austauschen und mir dabei die selben Fragen wie mit der Fotografie stellen - Fragen beschäftigen mich, auch wenn ich auf manche Fragen „noch“ keine wirklich richtige Antwort(en) finden konnte!
Landschaftsfotografie:
Natur, Stille und dazu eine schöne Landschaft. Gerne mit etwas Nebel und ein paar Tannen versehen. Mal in Farbe oder etwas dramatisch in SchwarzWeiß, melancholische Landschaftsbilder eben. Mehr braucht(e) es für mich nicht wirklich, um in einen kleinen Zustand von innerer Ruhe zu kommen. Neudeutsch gibt’s da wieder so einen tollen Begriff namens „Waldbaden“ dafür (ich weiß, dass zu diesem Waldbaden noch viel mehr dazugehört als nur in den Wald zu spazieren, aber mal ganz ehrlich... ein Foodtruck ist doch auch nur eine Imbissbude! ) - ich brauch dafür keinen Namen, mir reicht ein stiller, grüner Ort und eine Kamera. Für mich ist die Landschaftsfotografie auch immer mit ein paar Schritten und einem prall gefüllten Rucksack verbunden. Diese Kombination passt für mich einfach gut zusammen, und ich kann dabei dann doch auch mal meine Gedanken vergessen. Gedankenlos einfach sein, ohne zu müssen! Ja, und das war dann auch schon „Mein erster Schlüsselsatz“ in diesem Text. Sehen wir mal, wie viele es noch werden...
Architekturfotografie:
Berufsbedingt faszinieren mich schöne und anspruchsvolle Gebäude. Ecken und Kanten, Vorsprünge und Rücksprünge, Würfel und Kuben, all diese geometrischen Gegebenheiten haben eine faszinierende Wirkung auf mich. Ich bin hier visuell ganz bei meinem Sehen, suche nach Licht, suche nach Schatten. Nicht die Gesamtdarstellung eines Gebäudes reizt mich, nein, es sind vielmehr die kleinen architektonischen Leckerbissen. Fragmente in SchwarzWeiß und im Quadrat. Störende Elemente, welche sich rund um das zu fotografierende Objekt im Weg befinden, kommen meiner inneren Vorstellung eines gelungenen Bildes nicht sehr nahe. Ich liebe hier eine klare Sachlage in meinem Kopf und auf meinen Bildern – ob dies jetzt schön oder nicht schön ist, liegt im Auge des Betrachters, jedoch weist hier mein Wunsch nach einem aufgeräumtem Lebensstil und mein „aufgeräumtes“ Bildverständnis eine hohe Deckungsgleichheit auf. Das ist dann wohl der zweite Schlüsselsatz in meinen Zeilen...
Straßenfotografie:
Der ganze Trubel in Freiburg's Gassen, oder auch sonst in einer größeren Metropole, finde ich sehr spannend und interessant. Dieses größere Dorf, was Freiburg zum Glück nunmal ist, liegt direkt vor meiner Haustür, es ist für mich die erste Adresse, um hier geeignete Motive zu suchen und zu finden. Ich kann gar nicht sagen, wann ich hier das erste Mal mit meiner Kamera durch diese kleinen Gässle gezogen bin, um mich und meinem Gefühl dem lebendigen Straßentreiben zu überlassen. Ich bin hier permanent auf meinen Beinen, laufe rum, habe offene Augen und bin auf der Suche... Ich bin auf der Suche! Das könnte der dritte Schlüsselsatz sein ;-) Auf der Straße bin ich etwas ungeduldiger wie in der freien Natur. Die Menschen auf der Straße beeinflussen mich in meinem Unterbewusstsein manchmal doch sehr und machen mich einerseits innerlich sehr unruhig, können mich aber im Gegenzug gelassener werden lassen. Eine Gegebenheit, die ich schon öfters versucht habe zu hinterfragen, jedoch ohne Erfolg. Für mich liegt der große Reiz an der Straßenfotografie darin, dass ich ohne eigenen inneren Druck ans Werk gehe, anfangs kein klares Ergebnis vor Augen habe – dies kommt meistens erst im Laufe meines SehenGehens, wenn ich Dinge entdecke und es zu einem Spiel zwischen Licht und Schatten kommt. Es nicht vorhersehbar ist, was passiert und wie es passiert. Ich muss hier nur mit offenen Augen durchs echte Leben gehen, und es sind diese kleinen Momente wenn ich über den Münsterplatz laufe und Situationen beobachte, welche so in ein paar Sekunden nicht mehr zustande kommen werden, ich den Auslöser meiner Kamera durchdrücke und ein kleines inneres Glücksgefühl verspüre...
Was fange ich jetzt mit meiner kleinen Bestandsaufnahme an? Eine Pause einlegen? Mit der Fotografie aufhören? Was neues Anfangen? Die Sichtweise ändern? Und schon sind sie wieder da! Diese ganzen kleinen Fragen, welche ich mir selbst die ganze Zeit über stelle und auf die ich keine wirkliche Antwort finde. Kommt Zeit, kommt Rat. Bringt Rat Zeit?
Die Zeit können wir nicht aufhalten, sie läuft unentwegt gegen uns. Das sollte uns jeden Tag bewusst sein. Wir können, nein, wir müssen uns von unseren eigenen Fesseln befreien und das Beste aus unserer eigenen Zeit machen - komme was wolle! Rückschläge zeigen uns manchmal auf, dass wir uns gerade auf dem falschen Weg befinden und eine neue Routenplanung benötigen. Dabei ist nicht zwangsläufig das Ziel das Entscheidende, nein, es sind die kleinen Gegebenheiten am Wegesrand welche uns aufhorchen lassen sollten - es sind diese kleinen Dinge die das Leben so kostbar und lebenswert machen. Das Ziel ist für uns alle, vorerst noch unerreichbar. Das Ziel sollten wir erst ganz am Ende unseres Lebens gefunden haben - leben wir den Tag, nehmen wir ihn an, so wie er ist - auch wenn es ein bescheidener Tag mit viel zu vielen unbeantworteten Fragen ist! Die Fotografie ist für mich nur Mittel zum Zweck, ein Werkzeug um meiner Seele einen Weg nach Außen aufzuzeigen, um meiner gefühlten Worte ein Bild zu geben und mich am Leben teilhaben zu lassen. Vielleicht sollte ich mich selbst auch mal wieder am Leben, ohne die Fotografie, teilnehmen lassen... vielleicht! Vielleicht sollte ich aber auch einfach nur meine Komfortzone verlassen! Soll ich das? Muss ich das? Ich würde gerne meine Komfortzone verlassen oder erweitern (keine Ahnung wie ich das wirklich benennen soll), mich an fotografische Themen heranwagen, meinen Horizont erweitern, jedoch stehe ich mir dabei selbst im Weg und finde nicht den notwendigen Mut einfach mal zu machen... einfach zu machen und schauen was dabei rauskommt, ganz egal wie schlecht oder gut das Ergebnis sein mag. Egal was andere Menschen über das fertige Werk sagen werden. Mir ist es leider nicht egal, was die Menschen um mich herum über meine Bilder denken, auch wenn sie es nicht aussprechen, ich male mir schon im Vorfeld aus, wie schlecht und missverstanden meine Bilder ankommen. Alles spielt sich in meinem Kopf ab, in meinen Gedanken, egal ob positiv oder negativ. Ich muss es erst bis ins letzte Detail visualisieren, durchdenken und letztendlich zerdenken - zerdenken bis auch die letzten positiven Gefühle entwichen sind. Schlüsselsatz? Es bleibt bei mir, wie immer, vorerst alles beim Alten, oder ich finde einen Weg, meinen Weg. Meinen ganz persönlichen Weg, um mit meinen Bildern zufriedener zu werden und zufriedener zu sein! Das war dann auch schon der fünfte Schlüsselsatz in meinen Zeilen, dabei werde ich es fürs Erste auch belassen...
[ Bild und Text © Marco Völzke - archipixel, Juni 2019 ]